Kommentar von Monsign. Domenico Jorio > >
Gleichzeitig zu dem Dekret „Quam Singulari“ erstellt Kardinal Casimiro Gennari, Mitglied der Sakramentenkongregation und im Auftrag von Papst Pius X., einen Kommentar zu diesem Erlaß («Über das Alter der Kinder bei der Erstkommunion», Kurzkommentar zum Dekret „Quam singulari Christus amore“ von Casimiro Card. Gennari, Mitglied der Sakramentenkongregation, Rom, bei Direktion des ‘Monitore Ecclesiastico’ [Monatszeitschrift; Anm. d.Übers.), 1910). Kardinal Gennari wusste wie kein anderer, Zeugnis über die Wichtigkeit und die Fülle dieses Dekretes abzulegen. Wir geben hier einige Auszüge aus seinem «Kommentar» wieder:
Der Heilige Stuhl (…) hat gezielt die letzten Überreste des Jansenismus unter dem Vorwand exzessiver Anordnungen verbannt, die die Christen vom Tisch des Herrn fernhielten. (…) Auch den Kindern muß also die regelmäßige und tägliche Kommunion empfohlen werden, das gegenteilige Brauchtum ist überall dort, wo es zur Regel wurde, zu verurteilen. Man weise darauf hin, dass die Empfehlung betreffend die Kinder von jedem, der Sorge für sie trägt, zu geben ist, von dem Pfarrer, also dem Beichtvater, von den Erziehern und denen, denen sie anvertraut sind: ihnen empfiehlt das Dekret nicht nur, es verpflichtet sie dazu, und diese Pflicht besteht darin, dass sie die Kinder auf dem Weg zur regelmäßigen und täglichen Kommunion begleiten müssen, nachdem sie sie erstmals zum Tisch des Herrn geführt haben.
Wenn dies nicht geschieht, wird nicht genügend für das Wohl und die spirituelle Gesundheit der Kinder gesorgt, die vielerorts und genau genommen fast überall viel zu spät zur Erstkommunion zugelassen werden, und meistens hat dann ihre Unschuld bereits schweren Schaden erlitten und ihre Herzen sind verführbar geworden. Dieser Missbrauch war einer der verhängnisvollsten für das zarte Alter: er beraubte die Kleinen der eucharistischen Gnade, die sie im Geiste stärkte und wirksam vor der Todsünde schützte, sie von den täglichen Schwächen befreite.
Der Heilige Stuhl (…) hielt es für notwendig, ein dazu vorgesehenes generelles Dekret zu erlassen, das die Normen dazu präzise und angemessen setzt, somit für das Wohl und die Gesundheit der Kinder sorgt, denen heutzutage vor allem viele Fallstricke in den atheistischen Schulen gelegt werden, um sie vor jeder Empfindung für Religion und Moral fernzuhalten. (…) Oh! Wenn nur alle, die diese Aufgabe haben, diese treu verrichten würden! Es wäre das einfachste und wirksamste Mittel, die Jugend vor der Korruption zu bewahren, die immer mehr und überall entsetzlich um sich greift und droht, unsere katholischen Gebiete in ein ungeheuerliches Heidentum zurückfallen zu lassen!
Gründe für das Dekret
Zuerst ist die Betrachtung nötig, in welcher Weise Jesus in Seinem irdischen Leben die Kinder liebte. Das Evangelium zeigt es, wie sehr Er in ihre Unschuld verliebt war, wie sehr es Ihm gefiel, inmitten von ihnen zu sein. (…) Es war die Unbedarftheit der Seele, die reine Unschuld, die klare Reinheit jener Kleinen, die das liebende Herz Jesu Christi eroberte und dazu veranlasste, daraus ein Modell zum besseren Leben vorzustellen, um einmal die besten Plätze im Himmelreich zu erlangen. (…) Wenn Jesus so sehr danach verlangte, als er noch auf Erden lebte, müssen wir dann nicht glauben, dass Er ebenso auch jetzt inmitten von uns im Allerheiligsten Sakrament sein möchte?
Die Kommunion der Kinder in der Frühkirche
Die Frühkirche, unmittelbarer Erbe der Lehren und des Geistes Jesu Christi, verstand es recht genau, die Sehnsucht des Heilandes richtig zu interpretieren, indem sie auf besondere Weise die Kleinkinder an der Kommunion teilhaben ließ. So geschah es auch deshalb, dass die Eucharistie in den ersten Jahrhunderten den Neugeborenen sofort nach ihrer Taufe gespendet wurde. Das zeigen die Liturgischen Bücher der ersten zwölf Jahrhunderte, zum großen Teil auch des dreizehnten Jahrhunderts (Kardinal Boa, Rer. Liturg. L. II, c.12).
Das gleiche zeigt auch der Brauch, der bis heute bei den Griechen und Orientalen gültig ist (Benedikt XIV. Konst. Etsi pastoralis 23. Mai 1742 n.VII). Ebenso zeigt dies die Praxis in vielen Diözesen, selbst noch in den späteren Jahrhunderten, in denen die Kleinen unmittelbar nach ihrer Taufe zum Hauptaltar gebracht wurden. (Mauleon Voyages Liturgiques, S. 27).
Obwohl es nicht immer einfach gewesen ist, vor allem bei den Säuglingen, ihnen die Kommunion zu erteilen, weil man fürchtete, dass sie die Eucharistie wieder aus dem Munde ausstießen, gab man ihnen das Sakrament in den ersten Jahrhunderten unter der Gestalt des gewandelten Weines. Der Priester tauchte seinen Finger in das Blut Christi und steckte ihn dann in den Mund des Säuglings, der daran saugte (Chardon Storia die Sacramenti, L.I., Del Battes. Kap. 23). Wie war diese Praxis doch schön und liebevoll!
Doch nicht nur bei der Taufe erteilte man die Kommunion an die Kleinen, man tat dies hingegen auch viele andere Male. Wenn die Taufe in die Zeit der österlichen Auferstehung oder auf Pfingsten fiel, mussten sich die Neugetauften während der gesamten folgenden Oktav am Altar einfinden, wie es uns aus einem Werk des Hl. Augustinus vermittelt wird (Serm. 227). In einigen Kirchen war es Brauch, die Kommunion den Kindern unmittelbar nach dem Klerus zu erteilen, da sie sich direkt neben der Sakristei aufgestellt hatten (Chardon Storia dei Sacramenti, L. III Della Eucaristia, cap. 6) (…).
Die Kirche hatte also über viele Jahrhunderte hinweg keinerlei Schwierigkeiten damit, den Kleinkindern und Säuglingen die heilige Kommunion zu erteilen, indem sie den Gedanken und den Wunsch Jesu Christi demgemäß interpretierte. Die orientalischen Kirchen setzten diesen alten Brauch bis heute fort. Also ein weiterer schwerwiegender Grund, weshalb man mit dem Missbrauch aufhören muß, den Kindern über das notwendige Maß hinaus verspätet erst die Allerheiligste Eucharistie zu erteilen.
Die Kommunion der Kinder gemäß dem IV. Laterankonzil
Im XIII. Jahrhundert hatte in der lateinischen Kirche generell der Brauch der Kommunionerteilung an kleine Kinder ein Ende. Man entschied, die Kinder erst dann zum Heiligen Mahl zuzulassen, wenn sich die ersten Anzeichen des Vernunftgebrauchs einstellten und sie eine den Verhältnissen angemessene Erkenntnis des erhabenen Sakramentes vorweisen konnten. (…)
Schäden aus der Nichtbeachtung dieser Praxis
Dieses Gesetz, das anfangs überall befolgt wurde, führte dann bald zu einem Rückgang der Kinder, die zur Kommunion geführt wurden. (…) Diese Sitte wurde bald zu einer Quelle schwerwiegender Übel. Denn sobald das Kind seine Vernunft gebrauchen kann, kann es sich dazu entscheiden, sich mit Jesus im Sakrament zu vereinen und beginnt das Leben in Ihm. Indem es den Tisch des Herrn regelmäßig besucht, findet es das wirksame Antidot, um sich vor den täglichen Fehlern und, wie es das Tridentinum lehrt, der Todsünde zu schützen. Mit zunehmendem Alter bleibt ja diese Sakramentale Gnade bestehen, und es kann die Unschuld somit bewahrt bleiben, die der kostbarste Wert einer christlichen Seele ist. Vielmehr noch schreitet man auf dem Weg der Tugend auf wunderbare Weise voran.
Sich hingegen zu spät dem Altar zu nähern bedeutet, dass die Keime von schlechten Angewohnheiten ihre schlechten Früchte bringen, und wenn die Unschuld verloren ging, befleckt man sich leicht mit einer schwerwiegenden Schuld, und wie schnell führt dann der Weg hin zum Abgrund und in den Verfall! Man beichtet, das ist richtig. Doch wie die verlorene Unschuld wieder herstellen? Wie die schlechten Angewohnheiten ausmerzen? Wie die Verderbtheit des Geistes und des Herzens heilen, für die die Heilige Kommunion eine wirksame Abhilfe bringt? (…)
Namhafte Autoren bestätigen, dass die Anzahl der Sakrilegien (vor allem dann, wenn die Beichtväter den kleinen Bußfertigen nicht mit Umsicht und in Nächstenliebe helfen) bei zu spät erfolgter Erstkommunion oft erschreckend sind! Was wird dann der Ausweg für diese armen Kinder sein, die ihr eucharistisches Leben bereits unerfüllt beginnen? Es ist dieses, was wir allerorts bereits sehen und beklagen; eine allgemeine Verderbnis, die sich nach neuem Vokabular oft sogar schon als Jugendkriminalität bezeichnen lässt!
Und dabei ist Jesus Christus der innige Freund der Kleinen und wünscht, bei ihnen zu sein! Ihm ist ihre Unschuld wertvoll, ihre unbedarfte Reinheit! Warum die Kinder in diesem Alter von Ihm fernhalten, in deren Herzen Er doch reichlich Seine Gnaden gießen und sie gegen die Übermacht der Versuchungen stärken könnte?
Dieses sind die schwerwiegenden Übel, die durch das Abweichen in eine höhere Altersstufe der Kinder für die Erstkommunion hervorgerufen werden. Man beleidigt damit Jesus Christus. Man begeht oftmals einen Tauschhandel mit der Unschuld der Kinder. Man setzt sie nicht selten enormen Sakrilegien aus. Man setzt sie der Gefahr des Verderbens und des Untergangs aus! (…)
Die Missbräuche sind enorm, die ihren Ursprung in dem unsinnigen Aufschub der Ersten Heiligen Kommunion haben! Sehr zurecht hat daher der Heilige Stuhl diese verurteilt, indem er die Praxis des Laterankonzils und des Tridentinum wieder in Kraft gesetzt hat, die die Zulassung zur Beichte und zur Kommunion in den ersten Jahren des Vernunftgebrauchs der Kinder vorschrieben.
Einwände und Antworten
Die Gründe, die gewöhnlich ein reiferes Alter für den Erstkommunionempfang verlangen, entbehren jeder Grundlage.
Man sagt, wenn sich ein Kind in reiferem Alter zum Tisch des Herrn begibt, erfährt es in größerer Verehrung und mit größerem Nutzen die Allerheiligste Eucharistie. Dagegen ist jedoch einzuwenden, dass dieses göttliche Sakrament nicht als eine Belohnung für die Tugend eingesetzt wurde, sondern als ein Heilmittel für unsere Seelen. So urteilt das Tridentinum (Sitzung 13, c. 2), indem es sagt: «Antidotum quo liberemur a culpis quotidianis et a peccatis mortalibus praesevemur.» (…Gegengift, das uns von den täglichen Fehlern befreit und uns vor den schweren Sünden bewahrt. – Anm. d. Übers.) (…)
Um sich also dem Tisch des Herrn zu nahen, bedarf es nicht hauptsächlich der dem erhabenen Sakrament entgegenzubringende Verehrung, denn wer könnte dann würdig sein, es zu empfangen? Man muß vielmehr auf das Verlangen achten, das wir nach ihm haben, um unsere Schwächen wirksam anzugehen und uns vor Versuchungen zu befreien. Wer hätte eine solche Speise für das Leben nötiger, wenn nicht die Kleinsten unter uns, sobald sie ihren Verstand zu gebrauchen beginnen, die noch am schwächsten sind und unfähig zum Kampf gegen den Widersacher?
Ich möchte auch noch zu bedenken geben, dass die Kleinen in noch zartem Alter die Verehrung des göttlichen Sakramentes nicht in der ganzen Fülle vorweisen müssen, denn diese wird durch die ihnen eigene Unschuld ersetzt. Die Unschuld ersetzt sogar noch die höheren Unterweisungen: «Ignorantiam in pueris compensat innocentia» (Kindliche Unwissenheit entlohnt die Unschuld. – Anm. d.Übers.)“, wie der Paludaner sagt (ap.Gury-Ballerini T.II, n. 320, qu. 5 nota a). (…)
Man sagt noch, dass das Kind, ehe es dem Altarsakrament begegnet, gut in den religiösen Dingen unterrichtet sein muß. Dass es für einen jeden Christgläubigen Pflicht ist, den Katechismus gut zu kennen, steht außer Zweifel. Doch dass der, der die Heilige Kommunion empfängt, den Katechismus vollkommen beherrschen muß, das ist völlig falsch. Die notwendige Instruktion, um die Sakramente erstmals zu empfangen, geht dahin, dass man die hauptsächlichen Geheimnisse des Glaubens kennt und die Dinge, die für den Empfang der Sakramente wichtig sind. Für die Eucharistie genügt es, das eucharistische Brot von dem gewöhnlichen und materiellen Brot unterscheiden zu können. (…)
Von einigen wird darauf beharrt, dass das Kind, wenn es vor Erhalt der Erstkommunion nicht ausreichend gründlich in den religiösen Dingen unterwiesen werde, auch danach nicht fähig sein kann, den Anweisungen zu entsprechen. Dass der generelle Brauch, die Kommunion kleinen Kindern zu spenden, sie in keiner Weise dem Katechismus näher brächte. Diese unselige Ansicht ist jedoch streng zu verwerfen. Sie hat nämlich ihren Ursprung in der bisherigen und abweichenden Gepflogenheit, erst reiferen Kindern die Erste Heilige Kommunion zu erteilen. Für diese Altersgruppe nämlich wird die Erstkommunion zu einer großen Festveranstaltung. Das Kindhafte selbst wird dabei abgelegt und weniger beachtet: und auf diese Weise wird die Erstkommunion als eher nebensächlich eingestuft. Wenn der Jugendliche sich dann verzettelt und moralischen Schaden nimmt, weil er sich danach mehr und mehr wieder vom Tisch des Herrn und allen anderen religiösen Unterweisungen fern hält, gehen recht schnell die einmal erlernten Direktiven sowohl dem Gedankengut als auch dem Herzen verloren. Wenn er hingegen ab seiner frühesten Kindheit dem Altarsakrament nahegebracht und dementsprechend unterwiesen worden wäre, wenn er also weiterhin die Kommunion und die nötigen Instruktionen erhalten und regelmäßig die heilige Kommunion empfangen hätte, wäre es anders. Für solche Kinder bereitet die vorausgegangene Erfahrung auch für die Folgezeit den Weg, selbst wenn sie nicht perfekt die religiösen Instruktionen begriffen hätten. Solche Mißstände, wie oben erwähnt, wären dann nicht zu beklagen. Der Jugendliche hätte sich an diese heiligen Übungen schon frühzeitig gewöhnt und würde sie in der Folgezeit nicht vernachlässigen. Er wäre somit für das Gute gefestigt. Dies ist der Gedanke der heiligen Kongregation bei diesem Dekret, das wir gerade betrachten, wie man es in seinem anordnenden Teil noch sehen wird. (…) Wir verneinen, dass die notwendigen Veranlagungen nur bei unmittelbarer Vorbereitung entstehen, sie liegen bereits und hauptsächlich in der Unschuld des Lebens selbst. Alle wissen, dass durch den Empfang der Allerheiligsten Eucharistie größere Früchte hervorgebracht werden, wenn die Hindernisse, die sich ihr entgegenstellen, geringere sind. Oder anders gesagt: wer die Eucharistie bereits ab dem ersten Vernunftgebrauch empfängt, dem bringt sie gewöhnlich jene reine Unschuld, die für Jesus Christus die schönste, die ureigenste und die wertvollste Veranlagung ist. Im Unterschied zu demjenigen, der schon inmitten des Welttrubels lebt und bereits auch schon Berührung mit schlechten Gewohnheiten hatte, der schon Sünden, vielleicht sogar schon Todsünden begangen hat (V. Mon. Eccl, Band XXI, S. 124). (…) Nicht derjenige hat daher Recht, der die Sitte rechtfertigt, den Kindern erst zu späterer Zeit den Zutritt zum Altarsakrament zu erlauben, denn diese Sitte birgt den Ursprung großer Missbräuche in sich.
Der Heilige Stuhl und die Kommunion der Kinder
Der äußerst unvernünftige Brauch, die Kinder erst in gereiftem Alter zur Erstkommunion zuzulassen und sie dann auch nur in seltenen Fällen kommunizieren zu lassen, wurde schon immer vom Heiligen Stuhl verurteilt. Es lohnt, dazu an erster Stelle den Brief vorzuzeigen, den Seine Heiligkeit Pius IX. mit Datum vom 12. März 1866 von Kardinal Antonelli an die Bischöfe in Frankreich schreiben ließ, in dem verschiedene Missbräuche in einigen Diözesen bezüglich der Erstkommunion der Kinder aufgezeigt werden. (…) Aus diesem Dokument wird ersichtlich, wie der Heilige Stuhl schon immer den Missbrauch beklagt hat, die kleinen Kinder vom Altar fernzuhalten und dieses nur den Älteren zu erlauben, wobei diese sich dann nur selten mit dem Himmelsbrot nähren durften. Er (Pius IX., d. Übers.) wollte, dass die Kinder noch in zartem Alter die Sakramente regelmäßig empfingen, damit sie somit die notwendige Nahrung für ihr spirituelles Leben empfingen und somit Kraft und Energie haben könnten. (…)
Der Heilige Stuhl hat und hatte daher stets die Erstkommunion für die Kinder ab ihrem ersten Vernunftgebrauch gefordert, und das ist das Alter, wie es in den Konzilien des Laterans und von Trient vorgeschrieben worden ist. (…)
Anordnungen in dem Dekret
I. – Das Ermessensalter
Man beachte den Hinweis in dem Satz: „zu denken beginnen“, denn man setzt dabei nicht voraus, dass das Kind schon ein perfektes Denken besitzt. Und wie es der Angelicus (gemeint ist Thomas von Aquin, Anm. d. Übers.) bereits lehrt, beginnen die Kinder ihren Verstand zu benutzen: «quando iam pueri incipiunt aliqualem usum rationis habere», und das bedeutet, wenn sich ihr Verstand dem ersten „Morgendämmern“ ihrer Vernunft öffnet. Dies bedeutet wiederum, dass das Kind die Dinge zu unterscheiden versteht, dass es seine Eltern kennt, dass es seine Wünsche zu äußern weiß, dass es sich an Dinge erinnern kann, die es getan hat usw. Das kann man richtigerweise als das Alter der Unterscheidung nennen, das damit erreicht ist.
Mit wieviel Jahren kann das Kind ein derartiges Unterscheidungsvermögen haben? In den zurückliegenden Jahrhunderten entwickelte sich die Vernunft sehr spät: gewöhnlich oberhalb des siebenten Lebensjahres.
Zu Zeiten des Hl. Thomas war ein Kind erst mit zehn oder elf Jahren fähig, zu argumentieren. (...) In unseren Zeiten wäre dies eine falsche Behauptung, und was für eine! Wieviel früher als erst mit sieben Jahren können Kinder heutzutage bereits unterscheiden! Heutzutage ist der Verstand der Kinder schon sehr frühreif, und davon spricht ein jeder. Kleine Kinder von drei und vier Jahren, zumindest aber mit fünf Jahren, wissen bereits sehr gut zu argumentieren und können sehr gut das gewöhnliche Brot von dem Eucharistischem Brot unterscheiden. Gewöhnlich sagt man, dass sich der Verstand mit sieben Jahren manifestiert. Für manche mag dies zutreffen, doch für sehr viele gilt das bereits schon zu einem viel früheren Zeitpunkt, und nur für ganz seltene Ausnahmen trifft dies nach dem siebenten Lebensjahr zu. Das Alter der Unterscheidung ist also das angemessene Alter, um die Heilige Eucharistie zu erhalten.. Gewöhnlich sagt man, dass sich der Verstand mit sieben Jahren manifestiert. Für manche mag dies zutreffen, doch für sehr viele gilt das bereits schon zu einem viel früheren Zeitpunkt, und nur für ganz seltene Ausnahmen trifft dies nach dem siebenten Lebensjahr zu. Das Alter der Unterscheidung ist also das angemessene Alter, um die Heilige Eucharistie zu erhalten.
Wer ist demnach also verpflichtet, die Eucharistie zu empfangen und in welchem Alter? Das Dekret legt dies sehr klar fest. Somit ist diese Verpflichtung gleichzeitig eine göttliche und eine kirchliche. „Göttlich“, weil Jesus Christus uns dazu auffordert, das Eucharistische Brot zu empfangen (Io. VI, 54, 56). (…) Es handelt sich auch um eine „kirchliche“ Pflicht. Denn nach dem IV. Laterankonzil, wie es zu Anfang bereits dargestellt wurde, ist dies eine Notwendigkeit. Dringlich ist diese Pflicht auch gemäß dem Tridentinischen Konzil, das diese Entscheidung bestätigt und gegen jene sogar den Bann auferlegt, die dieses negieren.
Es ist deshalb ernsthafte Vorschrift, die Kinder kommunizieren zu lassen, sobald sie ihren Verstand gebrauchen.
II. – Nicht notwendige Instruktionen
Der ausschlaggebendste Grund derer, die fordern, dass die Kinder die Erstkommunion später erhalten, ist der, dass sie zunächst den ganzen Katechismus kennen müssen, ehe sie zum Altarsakrament zugelassen werden. Doch diesbezüglich belehrt uns unser Dekret eines Besseren. Es erklärt nämlich, dass es für die erste Heilige Beichte und für die erste Heilige Kommunion nicht notwendig ist, die gesamte christliche Doktrin erlernt zu haben, dass es hingegen ausreichend ist, die unmittelbar dazu notwendigen Dinge zu kennen.
Und das ist völlig richtig. In der weit zurückliegenden Vergangenheit war es nach göttlicher und kirchlicher Regel ebenso Vorschrift, die Kinder zum Altarsakrament hinzuführen, wenn sie ihren Verstand soweit gebrauchten, was nahezu unmöglich sein musste, dass das Kind nahezu wie im Schlaf die christliche Doktrin kennen musste, wozu jedoch viele Jahre des Erlernens erforderlich waren. Damit sich nun diese Vorschrift ebenso erfüllen kann, muß die Lehre des Katechismus auf das beschränkt sein, was das Kind im zarten Alter auch verstehen kann. (…)
III. – Notwendige Instruktionen
In dem Folgenden nun über die notwendige Unterweisung zur Erstkommunion. Das Kind soll so gut wie irgend möglich die hauptsächlichen Geheimnisse den Glaubens kennen und das Eucharistische Brot vom gewöhnlichen Brot unterscheiden können.
Die hauptsächlichen Geheimnisse des Glaubens, die alle kennen, sind die Geheimnisse von der Einheit und Dreifaltigkeit Gottes, von der Menschwerdung, dem Leiden und dem Tod Unseres Herrn Jesus Christus, an die sich auch jene Wahrheiten anschließen, dass Gott, als gerechter Richter, die Guten ewiglich mit dem Paradies belohnt, die Bösen hingegen ewiglich mit der Hölle bestraft.
Es sind dies die Geheimnisse, die das Kind so gut wie möglich kennen soll. Jedoch nicht in theologischer Weise perfekt, es soll dieses in seinem Wesentlichen erfassen. Es genügt, dass es weiß, dass es von Gott erschaffen ist, dass dieser Gott, Schöpfer und Herr aller Dinge, einzig ist, doch dass in Ihm gleichzeitig drei Personen vorhanden sind, die sich Vater, Sohn und Heiliger Geist nennen. Dass die zweite dieser Personen der Sohn ist, der ein Mensch, so wie wir, geworden ist, um uns zu retten. Der deshalb gelitten hat und unter großen Schmerzen am Kreuz gestorben ist. Und dass derjenige, der gute Dinge tut und die Gesetze Gottes befolgt, durch die Gnaden und Verdienste Jesu Christi nach dem Tod von Gott mit dem Paradies belohnt wird, wo er Ihn in Seiner unendlichen Schönheit sehen und alles nur denkbare Wohl erfahren wird. Dass hingegen derjemige, der schlechte Dinge tut, der die Gesetze Gottes nicht beachtet und in schweren Sünden stirbt, von Gott mit der Hölle bestraft wird, wo er Gott nicht schauen kann und im ewigen Feuer alle Formen des Bösen erleiden wird. Dies ist dann schon alles, was die hauptsächlichen Geheimnisse betrifft. (…)
IV. – Pflicht und Recht zur Ersten Kommunion
Man hat nun also gesehen, wie ernsthaft wichtig und verpflichtend es ist, dass das Kind, sobald sich sein Verstand zu öffnen beginnt und es seine Vernunft gebraucht, das Bußsakrament und die Kommunion empfängt. Doch diese Pflicht kann sich nicht aus dem Kind allein heraus erfüllen, ohne dass es herangeführt wird an diese Aufgabe. Deshalb erklärt auch das Dekret, dass diese Pflicht diejenigen trifft, die das Kind Betreuen. – Wer sind diese nun? Zunächst sind es die Eltern (…). An zweiter Stelle obliegt diese Pflicht den Erziehern (…). An dritter Stelle haben die Beichtväter diese Aufgabe zu erfüllen (…). An vierter Stelle obliegt diese Pflicht den Pfarrern und Seelsorgern, die darauf zu achten haben, dass alle ihre Pfarrkinder die Vorschrift des Bußsakramentes und der Kommunion ab dem vorgeschriebenen Alter erfüllen. (…)
Bis jetzt haben wir von der Pflicht des Sakramentenempfangs gesprochen. Nun sprechen wir von dem Recht, das die Kinder auf die Zulassung zur Erstkommunion haben. Dieses Recht ist nach der Lehre des Römischen Katechismus von dem Vater und dem Beichtvater zu bewirken. Es obliegt dem Vater und demjenigen, der ihn vertritt, das sind also die Erzieher, wie es oben bereits schon gesagt wurde, somit auch die Lehrer in einem Internat, in Erziehungsanstalten, Schulen, Kindergärten, Erholungsheimen. Es obliegt auch dem Beichtvater, der das Kind, nachdem er ihm die Beichte abgenommen hat, zum Altar führt. Obliegt dazu dem Gemeindepfarrer kein Recht? Das Recht des Gemeindepriesters wird im folgenden Artikel behandelt.
V. – Allgemeine Kommunion der Kinder
Wie man aus diesem und dem vorhergehenden Artikel folgern kann, kann man die Heilige Kommunion auf privatem und auf allgemeinem Wege erhalten. Auf private Weise, wenn das Kind von den Eltern (oder dem, der für das Kind verantwortlich ist), von dem Beichtvater gemäß dem Römischen Katechismus vorbereitet wurde und zum Altarsakrament geführt wird. Während für die private Kommunionvorbereitung die Eltern und der Beichtvater berechtigt sind, obliegt dafür das Recht zur allgemeinen Erstkommunion dem Gemeindepriester.
VI. – Häufigkeit des Kommunionempfangs und Besuch des Katechismusunterrichtes
Dies ist ein Artikel von großer Bedeutsamkeit. (…) Wenn das Kind, sobald es seinen Verstand gebraucht, die Erstkommunion empfangen hat, muß es damit fortfahren, sich mit diesem Brot des Ewigen Lebens zu nähren. Oh, wenn es nur an jedem Tage zum Altar geführt und die Heilige Hostie empfangen könnte! Wieviel Kraft, wieviel Licht, wie viele so sehr wirksamen Gnaden könnten die Seele bereichern! Wie könnte es mit zunehmender Verstandesfähigkeit und beginnender Kenntnis von der Welt gesund und gefestigt im Geiste sein und auf wunderbare Weise auf dem Wege zur Tugend fortschreiten! (…)
Dies alles durch den fortgesetzten Kommunionempfang. Doch der Artikel des Dekretes spricht auch von der Fortsetzung der religiösen Ausbildung. Nach der Erstkommunion, die nach den ersten Grundkenntnissen empfangen wird, besteht für die, die sich der Kinder annehmen, die ernsthafte Pflicht, die Kinder einer vollkommenen und gründlichen religiösen Ausbildung stufenweise und gemäß ihrem Altersverständnis zu unterziehen. (…)
VII. – Beichtsakrament und Absolution (Lossprechung) der Kinder
Der Missbrauch, den Kindern nicht das Beichtsakrament und die Lossprechung zu erteilen, ehe sie zum Altar herangeführt wurden, kam – wie es bereits gesagt wurde – daher, dass das Alter für den Erstkommunionempfang deutlich verspätet erfolgte.
Das war ein nicht zu tolerierender Missbrauch! Alle Gläubigen, die das Taufsakrament erhalten haben, haben auch das Recht auf die anderen Sakramente. Warum sollten die Kinder davon ausgeschlossen sein, die noch in zartem Alter sind?
IX. Pflicht der kirchlichen Einrichtungen (Ordinariate) betreffend dieses Dekretes
(…) Der Heilige Vater, nachdem er alle hier erwähnten Angelegenheiten wohlweislich bedacht hat, hielt es für nötig, diese in vollem Umfange anzuerkennen. Darüber hinaus schreibt er folgendes vor:
a) Dass das erfolgte Dekret verbreitet und publiziert werde. Die in dem Dekret enthaltenen Dinge sind also kein Rat, sondern eine Vorschrift. Diese Vorschrift ist so ernsthaft, wie die Materie, um die es sich dabei handelt, eine ernsthafte ist. Das Dekret wurde bereits in den offiziellen Bericht über die Tätigkeit des Heiligen Stuhls eingefügt. Somit ist es bereits voll in Kraft getreten. Diesbezüglich ergeht also an alle, die sich der Kinder annehmen, die Pflicht, diese, sobald sie ihren Verstand gebrauchen, zu der Erfüllung der beiden erforderlichen Sakramente, Beichte und Kommunion, hinzuführen und ihnen häufig und möglichst täglich den Kommunionempfang, sowie eine angemessene stufenweise Unterweisung im Katechismus zu ermöglichen. (…)
b) Desweiteren befiehlt der Heilige Vater allen Ordinariaten, das Dekret dem Klerus und dem Volke bekannt zu geben. Es wird bemerkt: an die Ordinarien und nicht an die örtlichen Gemeinden bekannt zu geben, um deutlich zu machen, dass diese Pflicht nicht nur den Bischöfen in Bezug auf den Klerus und die Gemeinde der eigenen Diözese obliegt, sondern ebenso den Vorgesetzten religiöser Orden, die Ordinariate des eigenen regelrechten Klerus und den ihm Untergebenen sind (soweit sie dazu bevollmächtigt wurden). (…) Dann wird noch Bezug darauf genommen, dass das Dekret keine neuen Pflichten enthält, sondern sich auf die Durchführung bereits feststehender und antiker Pflichten bezieht, die bisher vernachlässigt worden sind. Deshalb ist für die Ausführung keine formale oder feierliche Verkündung erforderlich. (…)
d) Zu guterletzt möchte der Heilige Vater, dass alle Ordinarien aller fünf Jahre eine Berichterstattung an den Heiligen Stuhl über den aktuellen Stand in der jeweiligen Diözese vornehmen, ihm somit Rechnung über die Erfüllung des Dekrets geben. Gewiß, von den Ordinarien hängt der größte Teil der Erfüllung dieser heiligen und begrüßenswerten Vorschriften des Dekretes ab. An ihnen liegt es, über die Gemeinden zu wachen, über die Lehrer in den Schulen, den Schirmherrschaften, den Waisenheimen usw. Von ihnen hängt es ab, die Kommunion in den Gemeinden zu fördern und ebenda regelmäßig zu spenden. Von ihnen hängt es ab, eifrige Priester damit zu beschäftigen und ebenso weltliche Helfer, die die Pfarrpriester bei diesen so wichtigen Aufgaben unterstützen, die auf die Praktiken zur Erstkommunion der Kinder und deren regelmäßigen Kommunionempfang aufmerksam und dieses allgemein bekannt machen. An den Ordinarien liegt es nun ebenso, die betreffenden Orte bei ihren Pastoralbesuchen auf die Erfüllung und die Erziehung zu den Pflichten zu achten, die Kinder lebhaft zum Empfang der heiligen Kommunion zu animieren, wenn möglich, die Sakramente auch selbst zu spenden, um somit besser die Erhabenheit des Sakramentes begreiflich zu machen. Das sind die Dinge, von denen jedes disziplinierte Ordinariat dem Heiligen Vater berichten soll, um ihm dadurch Trost inmitten der großen Bitternisse zu bringen, die diese unheilvollen Zeiten ihm bringen.
Handeln wir also inbrünstig in unseren Berufungen zu Gott, der die heiligen Geschicke der Bischöfe segnen möge, die der Gemeindepriester und all jener, die sich der Kinder annehmen, damit diese sich so frühzeitig wie möglich mit Jesus Christus vereinigen können und fortgesetzt mit Ihm in Seiner Heiligen Eucharistie vereint bleiben. Sie ist das mächtigste Mittel, die Jugend zu retten und sie in der menschlichen Gemeinschaft auf christliche Weise zu regenerieren!
Kommentar von Monsign. Domenico Jorio > >
|